

Netzwerker
Wir haben Parteien. Gut so. Denn Parteien sind nötig. Wen sollten wir sonst wählen? Der einzelne Politiker ist doch nichts als ein Blatt im Wind, ein Fähnchen in steifer Brise. Und was wird aus ihm, wenn Sturm aufkommt? Es ist die Partei, die den Laden zusammenhält. Gewiss, manchmal klingt die Stimme der Partei hohl, wie tönernes Erz und klingende Schelle. Es hängt von der Beschaffenheit des Resonanzraums ab. Der Zufall spült und bläst allerlei Fremdkörper ins Innere, nicht n


Hiob
Auf einem Misthaufen stinkt es immer. Sogar in dieser Einbuchtung an seinem Rand. Der Gestank kommt von beiden Seiten, mischt sich. Wie du hierhergekommen bist, hast du, willst du, vergessen, so lange hockst du schon in diesem Winkel. Den Hungerstreik hast du nicht durchgehalten. Jetzt bekommst du täglich von der Heilsarmee ein wenig zu essen. Deine Familie will von dir nichts mehr wissen. Ein Unglück kommt selten allein, heißt es. Aber wenn es so knüppelhageldick kommt und s


Sprachlos
Nur Lallen und Stottern, anfangs. Tierische Signale. Doch andere, weitere, stärkere Gedanken kreiseln, brodeln im wachsenden Hirn. Ausdruck: nicht verfügbar, Stimme: nicht vorhanden, Lippen, Zähne und Gaumen: nur zur Nahrungsaufnahme bereit. Das ändert sich. Es ist die Zeit des Winkens und Deutens. Gesichter werden zu lieblichen Landschaften, zu Fratzen und Grimassen. Der Kundschafter kehrt zurück. Jenseits des Berges hat er etwas ausgespäht. Wie gibt er zu verstehen, was er


Gesichter
Sie scheinen auf, gezeichnet von der Zeit, die einfach so vergangen ist und sie zurückgelassen hat in einer Welt, der sie nichts mehr bedeuten. Nichts anderes sind sie als Narben, die ich ungern betrachte, sie erinnern mich an Wunden. Die Gesichter sind geschmückt. Es ist mehr als nur eine Körperbemalung: Tätowierungen sind es, etwas, das für immer bleiben will. So wie andere sich Bilder und Zeichen in die Haut ritzen lassen, vier Kreuze auf den Leib oder einen Glück verheiße


Veränderungen
Adam und Eva waren nackt und kopflos. Nackt von Anfang an; kopflos nicht. Am Anfang war das Wort, das sie schuf, ein fingerloses Fingerschnipsen. So wie zugleich auch das Paradies entstand, ein Naturpark, Hortus naturalis conclusus. Da turnten und tollten sie herum, ritten auf dem Löwen, rutschten am Giraffenhals hinunter, ließen sich von Geiern in die Lüfte tragen. Die Affen wurden neidisch. Inmitten des Parks wuchs der Baum der Erkenntnis. Er war der größte und schönste – w


Grübeln
Schal schmecken sie, die eigenen Finger. Ohne Profil, ohne Rückgrat, weil abgekaut, die Nägel. Der Lack ist ungiftig, wie man mir versichert hat. Als hätte ich schon gewusst, was kommt. Nein, ich grüble nicht wegen irgendeinem Kerl. Ist doch meist banal, was da so läuft. Sie kommen und sie bleiben nicht. Dann kommt der nächste. Es ist diese Tapete, in der ich stecke. Sie kratzt. Meine Haut leistet Widerstand. Aber es nützt nichts. Das Design ist interessant – fast hübsch - a


Blaue Stunde
Ich bin ein meditierender Mensch auf der Suche nach dem Buddha in mir. (Blau steht für Klarheit, Ruhe, Weitblick, Inspiration. Blau ist die Farbe der Ferne, der Sehnsucht, der Weite und der Unendlichkeit, sie ist die Farbe des Vertrauens und der Verlässlichkeit. So steht es geschrieben) So gibt es viele Gemeinsamkeiten mit Ihrer westlichen Kultur. Meditierend ist der Buddha, unser Meister, noch nicht zum Nirvana vorgedrungen. Er ist ein Mensch wie wir alle. Wie man es von all


Acte gratuit
Hier liege ich. Ich habe Charakter. Ich bin ein Denkmal. Um mich herum erstreckt sich die scheinbare Ordnung der grob hingestampften und mit Sand verbackenen Kiesel. Wenn du genauer hinschautest, wenn du die Abstände der Steinchen voneinander messen würdest, so ergäben sich Zufallsstrukturen in einem gestaltlosen Brei. Dagegen meine Wenigkeit: ein Unikat. Gefunden, erfunden. Materie gewordener Geistesblitz, Abbild eines Schaffensrausches? Übertreiben wir nicht. Sagen wir ein