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einhorn insel der seligen

Heldin im Reifrock



Die ausgestreckten Arme wehren nicht ab, laden nicht ein. Sie grüßen Ihre Untergebenen, ihre Schutzbefohlenen, Menschen, die in großen Mengen herbeigeströmt sind und es manchmal für angebracht halten, vor ihrer Heldin zu Boden zu fallen.

Sie spürt die Zuversicht, die von diesem Gefolge zu ihr herüberweht. Ihr Blick streicht über die Versammelten, sie hat sich den Mund verschlossen, sie wird keine Ansprache halten. Alle wissen, wie sie denkt, alle wissen, was Sache ist.

Beinahe kokett wippen ihr Helm und seine hölzerne Bommel mit, wenn die Musik die neue Hymne spielt. Leidenschaftlich singen alle mit, die gekommen sind.

Dann nimmt die Heldin ihren Mundschutz ab - Beißkorb nennen es ihre fanatischsten Kritiker.

Einen Satz wird sie sagen, ein Satz wird genügen.


Aha. So. Sie sind unzufrieden. Ihnen genügt das nicht. Sie fragen nach, wieso Heldin, Sie insistieren auf dem Reifrock. Lobenswert, eigentlich.

Ein Reifrock stützt ein weit geschnittenes Kleid, erlaubt dem Stoff zu schwingen, ohne sich in die Bewegung der Beine einzumischen und ohne den Unterleib unerwünscht zu entblößen.

Die Heldin trägt ihn textilfrei, sie karikiert damit die verklemmte Betulichkeit ihrer hellhäutigen Geschlechtsgenossinnen und ihr kindisches Spiel mit der Mode.

Als Heldin wird sie betrachtet, weil sie ein überaus intensives Leben gelebt und sich den Leuten, aus deren Mitte sie kam, stets solidarisch gezeigt hat. Der Kolonialmacht hat sie in vielfacher Hinsicht getrotzt. Über Leichen ist sie niemals gegangen.

Weder Mut-Ti noch Mi-Tu wollte sie genannt werden. Unterstellten ihr Presseleute diese durchaus ehrenwert gemeinten Namenszusätze, konnte sie sehr zornig werden.


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