
Das Himmlische Jerusalem
In paradisum deducant te Angeli: in tuo adventu suscipiant te Martyres, et perducant te in civitatem sanctam Ierusalem. Prima. So wird es sein. Der Seher Johannes beschreibt, wie eine neue, eine vollkommene Stadt vom Himmel niederfährt. Wir Gerechten können drin kostenlos und kündigungsfrei wohnen. Dafür haben wir einiges durchgemacht. Von der Erde ist dann nämlich nichts mehr da außer dem Baugrund für diese neue, endgültige Siedlung. Die letzte Schlacht der Heiligen Dreifalt

Dalli
DALLI ist nackt. Ist das wichtiger als der Umstand, dass diese Seife unter Laborbedingungen, nein, unter Laboratoriumskontrolle hergestellt ist? Wir Deutschen sind nämlich genau. Wir Deutschen wollen (müssen) kontrollieren. Seife auf Kleidung, selbst wenn es Badekleidung wäre, ist Unsinn. Seife muss auf nackte Haut. Erst dort findet der wirkliche Test auf Qualität statt. Der Dreck muss weg. Dabei sind wir Deutschen erklärtermaßen kein dreckiges Volk. Wir sind halt ein Volk, d

Kinderengel
Wir wissen nicht, wie Engel wirklich aussehen. Werden wir es jemals wissen? Wer einen Engel bastelt, der weiß es, das steht fest. Wenn so ein Geschöpf den weiten Weg vom Himmel hernieder zu uns genommen hat und endlich angekommen ist, kann es sich nicht einfach in eine Ecke lehnen oder auf den Boden hocken. Die Flügel wären ihm lästig. Nein, es muss auf ein Podest, das rasch zusammengeklebt ist. Es darf aus Papier oder Pappe sein: Engel sind leicht. Federleicht, parole d‘honn

Veredelte Spuren
Hunde hinterlassen gelegentlich Spuren. Ungewollt. Sie wollen doch Herrchen oder Frauchen nicht verärgern. Aber manchmal geht es plötzlich los, und Bremsperistaltik samt Schließmuskel versagen. Kann sein, dass es der Person am anderen Ende der Leine gar nicht auffällt. Außer es handelt sich um eine Rasse mit Scharr-Reflex in den Genen. Doch in der Regel bleibt die Not der Kreatur nicht verborgen. Hunde empfinden zu ihrem Glück keine Reue für etwas, was in menschlichen Augen

Goldjunge
Der Bub weist uns sein Geschlecht. Ist das billig und recht? Dazu muss gesagt werden, dass ihn nicht jeder, der dieses Gotteshaus betritt, sofort erblicken wird. Es pflegt Diskretion und mutet diesen Knaben nicht jedermann zu. Außer Gold hat er nichts an. Doch das wird zu seiner Entdeckung durch den Kirchenbesucher kaum etwas beitragen. Denn an Gold wurde im gesamten Kirchenraum nicht gespart. Der Bub ist kein Engel. Er hat zwar Flügel, doch die scheinen eher einem Insekt, vi

Der andere Wächter
Er bewacht eine Tür. Die Tür führt zu einem heiligen Raum. Dunkel ist es drinnen, es darf nur gemurmelt werden. Oft ist es still. Die Menschen bemühen sich, lautlos die Position zu wechseln: Stehen, Knien, Sitzen. Letzteres selten. Das Heilige, das Fluidum dieses Raums, verlangt Disziplin und Konzentration. Auch von ihm, dem Wachmann, der die Eintretenden mit einem Kopfnicken begrüßt und die, die herauskommen, mit einer Geste, die einem flüchtigen Segen gleicht, verabschiedet

Der Wächter
Auf dieser Wiese herrscht eine eigene Philosophie. Mit großer Geste werden Verhüllte zurückgewiesen. Die linke Hand mahnt, stehen zu bleiben. Die Rechte weist auf das Terrain, wo unbekleidete Menschen sich tummeln. Ausziehen! sagt der Blick und er scheint die unerwünschten Textilien zu durchbohren. Die Hüter solcher Freizügigkeit sind unbestechlich. Wenn der stumme Hinweis nicht verfängt, beginnen sie zu reden. Erst leise, fast sanft, dann bestimmter, zuletzt im Polizeiton:

Swing für Mozart
Ein Engelchen flog vom Himmel nieder und setzte Mozarts Mozartkugelbild in einer Kneipe ab. Ob die unverhoffte Reise dem in die Ewigkeit Entrückten passen würde oder nicht, das war nicht die Frage. Der Himmelsbote hatte strikte Anweisung: Avatar absetzen (plus Angabe der Koordinaten)! Mit Erstaunen betrachtet der zurück in die Welt Gefallene seine Nachgeborenen. Mit wachsendem Erstaunen hört er ihnen zu. Erstaunlicherweise erträgt er den neuen Sound, sogar mit wachsendem Int