Vieles ist eine Frage der Perspektive.
Vieles ist eine Frage des Geschmacks. Etwa die Überlegung, ob Schuhe größenmäßig oder stilgerecht zu passen haben.
Sie behaupten, über Geschmack könne oder dürfe man nicht streiten - für mich eine abgedroschene, Redewendung. Im Gegenteil: Man soll, man muss streiten, um Geschmack zu bilden.
Das Schwein (sus scrofa domestica), um das es sich hier handelt, ist zunächst von den Schlacken, die die allgemeine Sprache in unseren Hirnen abgelagert hat, zu befreien. Es hat nichts Schweinisches an sich, es ist weder dumm, noch schmutzig oder gar obszön, es hinterlässt keine Schweinereien.
Stattdessen ist an das Schwänzchen eine Blume geknüpft. Sie würde auf und ab wippen, bewegte sich das Tier: eine neckische Einladung, es von der anderen Seite her zu betrachten (auch im metaphorischen Sinn).
Schauen wir weiter: Schuhe und Netzstrümpfe gemahnen an die Eleganz einer Tänzerin. Eine solche wird das Schwein niemals sein, doch es darf doch davon träumen, so wie wir davon träumen, ein schlauer Fuchs, eine wilde Tigerin oder ein treuer Bernhardiner zu sein. Ein Fitzelchen des Traums erreicht allerdings die Wirklichkeit: ein Blick auf die Füße des Tiers lehrt, dass seine Fortbewegung dem Spitzentanz einer Ballerina durchaus ähnelt.
Ein Schwein und ein Sofa. Soll das bedeuten: wer auf dem Sofa Platz nimmt, hat Schwein? Das wäre ein bedauerlicher Rückfall in die gedankenlosen Verfänglichkeiten des Sprachgebrauchs, siehe oben. Nein. Dem Wirt dieses Etablissements geht es um die Nähe tierischer Wärme, die menschliche Wärme ergänzt oder sogar ersetzt.
Fragen Sie aber jetzt bitte nicht, ob in dem Schwein eine Wärmequelle installiert ist. Gemeint ist die Nähe von etwas Lebendigem – auch wenn es sich nur um ein Abbild aus Pappmaché handelt.
Ohne solche Sprünge ins Metaphorische, wird es Ihnen leider niemals gelingen, Geschmack zu entwickeln.
Das so furios Lebendige des Schweins liegt in seiner mächtigen Anatomie: von der makellosen Pospalte bis zum von Neugier und Intelligenz geprägten Rüssel entfaltet sich seine beharrende Kraft. Doch noch etwas ganz anderes strahlt das Tier aus. Die Augen glotzen die vorbeigehenden Passanten und die einen Ruhepunkt suchenden Gäste der Kneipe keineswegs an, sie lassen sich von den Ohren beschatten, beobachten diskret. Etwa so, wie sich Menschen hinter stark abgedunkelte Brillengläser zurückziehen.
Und haben Sie das abgefallene Blatt bemerkt, wie es spielerisch auf dem Rücken balanciert wird? Versuchen Sie es einmal selbst. Danach diskutieren wir über Eleganz.