
Ich bin eine Wolke gewesen, und das ist lange her;
vor vierzig unendlichen Tagen
gebar mich das stahlgraue Meer.
Zu fernen Küsten trug mich der Wind,
überflog mit mir Städte und Länder
und verließ mich auf einmal geschwind.
Zur Erde sank ich hilflos und sacht.
Dann löste ich mich in Regen
und stürzte hinab mit Macht.
Versickert im Boden, verronnen in Staub
war ich nach wenigen Stunden,
nur meine Reste perlten vom Laub.
In Früchte und Pflanzen ging ich bald ein
Damit in Fleisches Leben,
zuletzt in menschliches Sein.
So wurde ich Mensch nach einiger Zeit,
mit Herz und Gehirn und Händen,
und zu allem und nichts bereit.
Ich weiß genau: Die Wolke ist hin.
Aber von ihr ist geblieben
etwas in mir tief drin.
Die Sehnsucht, wie jene so hoch und kühn
zu kommen, zu gehen, zu wandern
und sich zu wandeln ganz ohne Mühn,
und sich zu wandeln samt Haut und Haar -
das läßt mich noch manchmal spüren,
daß ich eine Wolke war.
-von Günter Kunert
(Sorry. Das Gedicht ersetzt meinen Text, der plötzlich spurlos im Bauche des Rechners verschwand, mehr als gut!)