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einhorn insel der seligen

Kuklia


Langsam nähern wir uns dir. Winde und Strömungen bringen uns voran. Dort drüben, von wo wir kommen - nein, kein schöner Anblick. Diese Welt, die einmal unsere war, ist zerstört. Balken ragen aus eingebrochenen Mauern, Wracks von Maschinen versperren die Sicht, dazwischen Haufen von Gerümpel. Der gewaltige Turm ist hohle Ruine. Dazwischen duckten wir uns, versprengte, verwundete Menschen. Wir mussten Schutz suchen vor Sperrfeuer und Granaten. Wir haben es erwidert, bis kein Schuss mehr da war und auch keiner mehr treffen musste.

Todesangst lag über dem Land, und sie ist uns geblieben.

Da fand uns eine Arche. Herrenlos treibend, ans Ufer gespült.

Die Überlebenden haben sich gesammelt und das Boot gestürmt. Nun steuert es auf deine Insel zu.

Wir hätten aus eigener Kraft kein anderes Ziel erreicht. Und wir hätten kein anderes gewusst.

Du ruhst auf deiner Liegestatt hoch über dem Sockel. Du blickst uns nicht an, wir sind dessen wohl nicht würdig. Dein Mähnenhaar ist aufgestellt. Dein Tierleib ist angespannt. Du scheinst bereit einzugreifen.

Du hast diese grauenhafte Maske gelüftet - ein Zeichen von Geneigtheit? Sie sperrte weit den Mund auf, deine Maske, ein Maul war sie und dahinter wartete ein gieriger Rachen. Sie scheint zu lachen, doch es ist eine höhnische Grimasse.

Wir wissen nicht, worum wir dich bitten dürfen. Gnade ist ein altertümliches Wort. Verzeihung – das ginge zu weit. Verständnis – darin steckt eine Milde, eine Nachsicht, die wir nicht verdienen. Wir haben uns selbst vernichtet, unsere Zivilisation liegt zerstört.

Ein Hieb deiner Tatze, und unser Schiff würde sinken. Aber du bist aus Stein. Ein Götze. Ein Idol. Das erste auf unserem Weg. Bisher glaubten wir, keines zu brauchen.

Es kommt uns so vor, als wären wir gefangen in der Unteren Welt, wo es nur Schweigen, Dunkelheit und Tod gibt. Aber waren wir hier nicht schon zuvor, schon immer? Haben wir deswegen so bedenkenlos getötet?

Zwischen den Massakern haben wir wohl manchmal herübergeblickt zu dir, ob du Partei ergreifen würdest mitten in unserem Toben. In den ältesten Mythen haben höhere Wesen zusammen mit den Menschen gekämpft und gemordet.

Doch du bist aus Stein. Das Bild eines Tiers, das andere tötet, töten muss, um zu leben. wir dachten, wir wären etwas anderes: Menschen.

Wir haben uns geirrt.

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