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einhorn insel der seligen

Hinterlassenschaften


Auf den ersten, flüchtigen Blick ist nicht zu erkennen, ob diese Stellwände darauf warten, mit Kabelbinder an Straßenlaternen und andere öffentliche Masten befestigt zu werden, oder ob sie bereits von dort wieder abgenommen wurden. Auf jeden Fall muss der auf ihnen abgebildete Herr S.dem Eigner dieses Hinterhofs dankbar sein für die Lagerung heißer Wahlkampfmunition.

Der Plakatsprech ist nicht einheitlich. Es gibt einen Ausreißer, der sich mit dem Wort DANKE schmückt. Die anderen präsentieren ein Porträt des sich bewerbenden Herrn und den Betreff: STICHWAHL. Beides bedeutet, dass jener Herr S. offenbar die Wahl nicht gewonnen, aber auch noch nicht verloren hat – jedenfalls auf den Plakaten nicht.

Der Herr S. geht aber über das Sachliche hinaus: Förmlich streckt er die Arme aus nach dir und mir und behauptet, unsereinen zu brauchen. Brauchen mich Angela Kanzlerin oder Pater patriae Markus? Doch eher nicht. Die kommen gut zurecht ohne uns.

Was ein Politiker braucht, sind gefügige Untertanen, die nicht viel fragen und ihre Oberen machen lassen. Weiter braucht er großzügige Lobbyisten, nicht nur in puncto Informationen, sondern – aber lassen wir das! Er muss die Fähigkeit haben, ein Netz von Verbindungen aufzubauen, um Karriere zu machen. Denn ohne Karriere kann er nichts bewirken.

Und Herr S. behauptet, sein Volk zu brauchen! Na, hoffentlich ist er gewählt worden! Dass er nur unsere Bereitschaft bräuchte, das Kreuzchen an der richtigen Stelle zu setzen, das möchte ich hier in aller Deutlichkeit ausschließen.

Seine politischen Tugenden werden in den Kürzest-Slogan gepackt: DER KANNS! Die beiden Wörter sind aus dem Zusammenhang gerissen, denn drei weitere Wörter wurden aussortiert: ABER MEI(n) HANS, DER KANNS! So heißt die Refrain-Zeile eines bekannten Spottlieds auf die, die das Skifahren nie lernen, und doch damit angeben.

Ob Herr S. den Skisport pflegt(e), lag außerhalb der Ermittlungen.

Diese wohl knappste aller denkbaren Lobeshymnen fand ihren Platz auf dem Wahlplakat, obwohl Herr S. nicht Hans heißt, sondern Christian (was irgendwie schöner ist). Allerdings heißt sein Vorgänger Hans. Der war dreimal hintereinander Oberbürgermeister.

Ein Bezug zu Ex-Präsident Obamas Jubelschrei YES WE CAN! ist sicherlich nicht gegeben.

Allmählich haben wir den Plakatberg lange genug betrachtet, und können nicht über eine gewisse Achtlosigkeit und Schlamperei hinwegsehen, mit der die Plakatwände hier deponiert wurden – gerade so, als ob der Kandidat die Stichwahl nicht gewonnen hätte..

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