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einhorn insel der seligen

Ein Jenseits



Vom Paradies her weht er nicht, dieser Wind. Er kommt aus dem Jenseits. Das stelle ich mir viel größer vor als das Paradies. Dunkler. Leerer.

Unendlich? Darüber könnte ich nichts sagen..

Überall Wind, Urform der Bewegung. Selten Hindernisse, kein Widerstand.

Mit dem Wind reisen die kleinsten, unsichtbaren Teilchen, denen wir trotzdem Namen gegeben und Eigenschaften zugesprochen haben.

Seltsame Wesen durchqueren das Jenseits, in den geisterhaften Vogel- oder Drachenkörpern unserer Phantasie. Der Wind trägt sie, doch sie ziehen ihre Bahnen auch ohne ihn. Manchmal scheinen sie Rast zu halten in einem Winkel. Hier.

Es stellt dieser Reisende eine entrollte Schriftrolle ohne Schrift zur Schau. Ein tierischer Schnabel (oder ist es ein Rüssel?) sichert deren Ende.

Würde die Botschaft abgefangen, so erhöbe sich Streit unter den Schriftgelehrten, die es mithilfe keiner ihrer Hypothesen fertigbrächten, eine mutmaßliche Schrift zu lesen, die vielleicht nur aus zufälligen Kratzern besteht.

Wenn es einen Empfänger gibt, wird er sich zu helfen wissen (das sage ich jetzt mal so).

Es muss aber gar keinen Empfänger geben. Der Vogel wirkt selbstbestimmt, er ist kein beamteter Briefträger. Ein Adler will er sein, hockt aber auf keinem Thron, sondern auf einem ihn widerwillig ertragenden Stein und krallt sich fest an einem dünnen Ästchen.

Kann sein, er ist ein Dieb, hat die Rolle für etwas Wertvolles gehalten, sie an sich gerissen, worauf sie sich entrollte, und durchquert das Jenseits wie mit einer Trophäe oder wie Marschierende, die eine Fahne vor sich hertragen.

Mit dem Paradies hat er nichts zu tun. Im Paradies wissen sie, was wirklich Wert hat.

Ist er auf der Flucht? Flugwaffen, Pfeile, haben ihn an mehreren Stellen getroffen oder gestreift, Blut scheint durch die Haut, die gleichwohl wie ein Panzer den schmalen Leib umschließt. Einer von den Pfeilen könnte ins Bauchfett eingedrungen sein und innere Organe behelligt haben. Oder Theaterblut täuscht uns. Schminke.

Wir, die wir nicht fliegen können, sind zum Zweifel verurteilt.

Mit solchen Gedanken entdecken wir die Maske, die dieser Reisende mit sich führt Allerdings könnte sie seinen Vogelschnabel nicht verbergen.

Nicht nur die Elementarteilchen, auch Dinge, die wir zu sehen glauben, lassen uns ratlos.



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