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einhorn insel der seligen

Die Phalanx


Genug demonstriert/ Jetzt wird blockiert! Keine Maus / kommt da raus!

In der Stadt haben wir uns herumtragen lassen von Männern im Overall. Es war ein ganzer Schwarm. Sie hatten große Plakate dabei und Sprechtüten. Einige standen Schmiere, von wegen Polizei.

Manche Passanten blieben stehen, hörten eine Zeit zu. Die meisten gingen schnell vorbei.

Nun stehen wir hier in einer Reihe: Tobi, Lobi, Robi und Kobi. Die Namen haben wir uns selbst gegeben, wir sehen ja sonst gleich aus bis auf allerlei Kratzer und Schrammen: viermal der waagrechte weiße Balken im roten Kreis. Ein Fanal. Ein schönes Wort, wir haben es aufgeschnappt. Genau wie Phalanx: Keiner darf an uns vorbei.

Hingestellt wurden wir immer mit Schwung, dass wir schepperten und klapperten und manchmal eine Schraube verloren. Hier auf der Schwelle zum Amt, von dem so oft die Rede war, mussten sie uns vorsichtig absetzen, denn da sollten wir alle viere nebeneinander Platz finden, damit keiner von diesen Nichtstuern, Ignoranten, Geldverplemperern und Zeittotschlägern an uns vorbei käme. Solch merkwürdige Worte benutzten die Overallmänner. Am liebsten hätten sie uns hochgenommen und hin und her geschwenkt wie eine Waffe oder eine Trophäe, so wütend waren sie auf ihre Mitmenschen drin in diesem Haus. Aber dafür waren wir doch zu schwer.

Was auf den Schildern stand? - Von Geld stand da etwas, von Erhöhung, Überstunden, solche Sachen. Nein, wir können nicht lesen, was sollen wir denn noch alles können?

Wir blockieren. Damit jeder erschrickt, der die Tür von innen aufmacht.

So war es in der Tat. Nacheinander kamen sie zum Vorschein, die Amtsinsassen, früh am Nachmittag, manche schon mittags. Sie öffneten mit Schwung die Tür, wollten schon ein Bein über die Schwelle setzen, als sie uns sahen. Da riss es sie zurück. Manche rammten oder schrammten mit dem Schienbein oder mit dem Schuh einen von uns und brüllten übertrieben laut auf, bevor sie den Rückzug antraten. Ein starker Schmerz kann es unmöglich gewesen sein. Lauter Warmduscher, die vom Amt!

Der Kobi kriegte am meisten Spucke ab, weil er dem bewussten Türflügel direkt gegenüber stand. Wir sind aber alle hart im Nehmen. Und wir wanken nicht. Höchstens dass wir ein winziges Bisschen schwanken. Die massiven Bodenplatten stabilisieren uns.

Die Tür haben die vom Amt jedesmal wieder sorgfältig verschlossen. Die Überraschung wollten sie den lieben Kollegen nicht ersparen.

Am zweiten Tag werden sie bestimmt alle den Hinterausgang benutzen. So einen Hinterausgang brauchen die da drin. Denn hier vorne gehen viele wütende Leute hinein, wenn auch ohne Verkehrsschild.

Wir verhindern natürlich vorübergehend, dass jemand reingeht. Unsre Männer im Overall haben Posten bezogen und wimmeln Besucher ab, denen sie erklären, wie man zum Hintereingang kommt.

Ein Reporter ist geblieben und hat mit seinem Ding immer dann geknipst, wenn die Tür aufging und ein Bein oder Schuh erschien, gefolgt von einem dummen Gesicht. Da hat er viele von da drinnen drauf gekriegt. Und dran gekriegt, hören wir sagen.

Irgendwann, wahrscheinlich bald, wird die Polizei alles abräumen, sagen die Overall-Leute. Sie werden abhauen.

Kaputtmachen wird man uns nicht. Wir kommen bloß in einen anderen Schuppen.

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