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einhorn insel der seligen

Acephale



Alle Weltreisenden der Antike genau wie die großen Entdecker der Renaissance sprachen von ihnen, hofften (und hatten dabei Angst) sie zu treffen. Ob auf unbekannten Inseln oder als Piraten und Wegelagerer. Plinius der Ältere hat ihnen eine längere Abhandlung gewidmet. Ebenso Paracelsus.

In Scanno leben die Acephale noch heute. Sie huldigten den gleichen Ritualen wie wir Menschen, heißt es. Wer ihrem Schnorren nach Zigaretten und Schnaps nachgebe, habe sie auf seiner Seite. Zumindest vorerst. Zum Bier liessen sie sich niemals einladen - es sei für sie Ehrensache.

(In Wahrheit ist Bier für sie gratis)

Abweisend sollen sie auf den Wunsch reagieren, zu erfahren, wodurch in ihrer Anatomie der Kopf denn ersetzt werde. Die Tätowierung im Brustbereich (die bei weiblichen Acephalen natürlich anders aussieht) kann nichts ja anderes sein als Tarnung, Ablenkung. Es muss das üppig wuchernde Haar sein, das den fraglichen Körperteil verbirgt, in dem sie sich von unsereins unterscheiden. Aber da sei mit ihnen nichts zu machen, selbst dann nicht, wenn sie schliefen oder betrunken unterm Tisch lägen. Denn da wirkten uns unbekannte Reflexe, die unsere Hand niederschlügen, wenn sie vorsichtig versuchte in ihr Haar hineinzugleiten. Ein Schutzreflex oder eine Art von - ja - Schamgefühl

Die Begründung, man sei Wissenschaftler, sozusagen auf Forschungsreise in Sachen Humangenetik oder so ähnlich, bliebe unbeachtet. Es sind schon Besucher, die dieses Argument vorbrachten, verprügelt worden, ohne dass überprüft wurde, ob sie logen oder Nachweise ihrer Tätigkeit bereithielten.

Scanno ist natürlich ein ganz besonderer Ort. Man erreicht ihn von der Adria kommend zu Fuß Über den Monte Benedetto inferiore. Die östlichen Abruzzen gelten zu Recht als schwer zugänglich.

Von Westen und Süden her findet man leichter seinen Weg, hier verlaufen auch die Handels- und Tauschwege der Acephale, hauptsächlich mit der unweit gelegenen Ewigen Stadt. Italien und der Vatikan dulden die Selbstverwaltung des Stadtstaats, vergleichbar mit San Marino, nur viel weniger bekannt.

(Italien war stets führend in Sachen Artenschutz)

Den Touristen erwarten strenge Grenzkontrollen. Allenfalls Halbtagesvisa werden ausgestellt. Wer heimlich über Nacht bleibt, riskiert strenge Strafen.

Im malerischen Lago di Scanno, Hauptsehenswürdigkeit des Ortes, darf wegen schützenswerter Schlingschildkröten nur kontingentiert gebadet werden.

(Acephale baden aus naheliegenden Gründen niemals)

Berühmt sind Scannos Safranfelder, nicht so ausgedehnt wie die der Ebene von Navelli, aber exzellente Qualität liefernd. Acephale arbeiten als Nachtwächter, um Diebstähle zu verhindern und Eindringlinge festzusetzen.

Tatsächich sind Acephale nachtaktiv. Tagsüber sieht man sie nur selten, meist flüchtig, zum Beispiel durch ein Fenster beim abendlichen Frühstück oder durch einen versteckten Garten zu einem Plumpsklo huschend.

Im Souvenirgeschäft sind sie dagegen allgegenwärtig - nur leider nicht in persona.

Die meisten auch von mir erwähnten Eigenschaften oder Eigenheiten stammen aus mehreren Broschüren, die in Andenkenläden vertrieben werden.

Die Acephale teilen sich Scanno mit der ortsansässigen , einen italienischen Dialekt sprechenden Bevölkerung, die weit in der Minderheit ist, aber vom Tourismus und vom Handel mit Safranprodukten profitiert. Dafür garantieren sie, dass das nächtliche Leben der Acephale ungestört bleiben kann.


(Acephale dürfen nicht fotografiert werden. Normalerweise ist das auch unmöglich. Vorliegendes Foto gelangte auf Umwegen zu mir, die ich natürlich nicht nennen darf. Ich versichere aber (jedenfalls wurde es mir versichert), dass es absolut authentisch ist)

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