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einhorn insel der seligen

Kultureller Wandel


Sport und namentlich Fußball gehen auch im Schatten des Berührverbots nicht unter.

Beide Mannschaften treten in Schwitzmasken an, ebenso wie die Schiedsrichter, die mit speziellen, leistungsstarken Pfeifen ausgerüstet sind.

Als Foul gilt nun jede Berührung des Gegners. Daran waren die Spieler zunächst natürlich nicht gewöhnt, aber nach mehreren Spieltagen hat sich ihr Körpergefühl fortentwickelt und das Training präzisiert.

Der Ball wird wie bisher mit Fuß oder Brust, mit Stirn oder Bauch geführt und weiterbefördert.

Nur besonders laut gebrüllte Beleidigungen erreichen die Ohren des anvisierten Opfers und eventuell des Schiedsrichters. Das Handicap der Maske hindert auch die Trainerteams am Spielfeldrand, ihre Botschaften zielgerecht an ihre Kämpfer zu übermitteln. Einzig das Publikum, wenn auch nur in halber Stadionstärke zugelassen, kann sich zu einem gewissen Maß an Anfeuerungslärm steigern. Da die üblichen Masken aber innen schnell feucht werden und ein unangenehmes Binnenklima erzeugen, wird auch diese lustvolle Betätigung gedämpft. Sie würgt sich selber ab.

Für die zehn- bis maximal dreißigtausend Zuschauer, die von Pappkameraden auf Distanz gehalten werden, sind einige Hundertschaften Polizei nötig, um die hygienetechnisch vorgegebene Ansteckungsgefahr klein zu halten. Bei Verstößen werden nicht nur die Sünder mit einem speziell ausgebildeten Greifkommando in flagranti festgesetzt, sondern zugleich wird über den Stadionlautsprecher die zu erwartende Strafe verkündet, die sich mindestens im dreistelligen Bereich bewegt.

Anfangs wurden Widerstand leistende Fans in ganzen Gruppen verhaftet, etlichen gelang die Flucht. Darauf ist die Polizei inzwischen besser vorbereitet. Die einschlägigen Paragraphen des Strafgesetzbuches mussten für die Stadion-Delikte nicht geändert werden, wie es christliche, freiheitliche und alternative Parteien befürwortet hätten. Erregung öffentlichen Ärgernissen, Störung der Bürgerruhe, Widerstand gegen die Staatsgewalt: hier senkt sich die Stimme des Stadionsprechers regelmäßig, denn hier bewegen sich die Bußgelder im vierstelligen Bereich.

Diese gelegentlichen Ereignisse auf der Tribüne tragen dazu bei, die viel beklagte Langeweile der meisten Begegnungen zu verringern. Denn das Verbot, den Gegner körperlich anzugehen, verhindert spannende Zweikämpfe. Auch im eigenen Strafraum wagt man es kaum, Schüsse aufs eigene Tor durch energisches Dazwischengehen zu verhindern. Bei Freistößen wird keine Mauer gebildet, da diese anderthalb Meter breite Lücken aufweisen müsste.

Das hat zur Folge, dass sich alle Spiele torreich gestalten. Der Durchschnitt liegt etwas über dem mittleren zweistelligen Bereich. Spektakuläre Aktionen sind den Torhütern vorbehalten. Und unweigerlich löst der Fehlschuss eines Stürmers, der nicht angegriffen wird und frei vor dem Tor steht, überschäumende Häme und Gelächter aus. Corona-Fußball setzt andere Akzente.

So entwickelt sich auch die Fußballkultur im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen durch Corona weiter.


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