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einhorn insel der seligen

Evolution


Eng tanzen sie, Paar an Paar. Nicht keck, nicht vorwitzig drängend, kein Tango. Ein Schreittanz. Alles bleibt in unangestrengter Ordnung, Knie und Knöchel knicken kaum. Alle Teile freuen sich aneinander und an sich selber. Das Spiel der Füße (oder Hufe) (oder Pinsel) wirbelt Farbpartikel auf. Pigment sprüht.

Die Beine (wenn es Beine sind) sind giraffenlang. Hinter ihnen erkennst du andere, andersfarbige, ähnliche Gestalten. Alle in gemächlicher Bewegung.


Es müssen schöne Tiere sein, sag ich, stell dir Fabelwesen vor, eingebeamt von fremden, fröhlich bewohnten Himmelskörpern. Tänzelnd spazieren sie aneinander vorbei wie in einer abendlichen Passegiata. Eines Tages werden die Astronomen solche Exoplaneten entdecken und erforschen. Dann zucken sie über unsere Bildschirme, und wir können diese Lebensformen endlich in voller Größe bewundern, wenn es uns noch gibt.

(Sie gibt es sicherlich seit Lichtjahren nicht mehr)

Ein rechtes Bild von ihnen haben wir nicht vor Augen.

Abgesehen davon, dass wir nicht wirklich wissen, ob …


Wenn es nämlich Baumstämme wären? Eine Gruppe Birken, vom Wind bewegt? Birken, die sich emanzipieren wollen vom drögen Schwarz-Weiß? Bäume können Botschaften aussenden, das ist bekannt, sie vermögen sich abzustimmen zu harmonischer Bewegung, zu rhythmischem Wachstum. Können knallbunte Insekten anlocken, die schwirren und sumsen und surren.

Die sich hüten auszusterben.


Im Traum ist vieles möglich.

"Birkenwald" (Gabriele Rothfelder)


Licht tanzt nicht, nur wir sehen es tanzen, flimmern und flirren. In Wahrheit gleitet es gemächlich über diese kalten, grauen Säulen und die frommen Ornamente aus Stein und überschüttet sie mit Farben. Was für die Ewigkeit gebaut ist, strahlt nur in einer kurzen Inszenierung. Bis die Sonne erneut gestimmt ist zu zaubern. Falls die Winddrift die Wolken abzieht, die sie verbergen.


Natur überformt Kunst.


Die gruseligen Szenen auf den Kapitellen und zwischen den Säulen, diese Geschichten von Sündern, Strafen und Teufeln, werden ausgeblendet, ins Dunkel geschickt, in die Düsternis, wo sie hingehören.

Für kurze Momente beherrschen reine Farben die Wahrnehmung, besteht die Welt aus Farben.


Aber nicht bleibt, wie es ist.



Hier steht man dicht zusammen. Türme tanzen nicht. Türme trotzen der Bewegung. Sie besetzen allen verfügbaren Raum.

Es wird gearbeitet. Automatismen und Algorithmen. Die Abläufe genügen sich selbst.

Unsichtbar im Innern dickwandiger Röhren finden Prozesse statt und greifen ineinander. Kann sein, dass drinnen Flüssigkeiten und Gase gespeichert oder transportiert werden.

Explosionsgefahr! Manchmal entweicht dichter Qualm. Weit oben, mit wiederholtem Knall. Wie Schüsse in einen leeren Himmel. Aerosole rieseln nieder.


Es herrscht Schweigen. Eine bodenlose Stille.


Jemand hat sich all das ausgedacht, kann sein. Aber zu ihm zurück führt kein Weg.


Farben? Ach ja, Farben. Markieren sie alternative Zustände in den Röhren oder entsprechen sie verschiedenen Füllhöhen?


Rubrik: Verlorenes Wissen.


Menschen? Nun ja.


(Gemälde von F. Kupka)


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