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einhorn insel der seligen

Baiser imminent


Ein standardisiertes Paar. Eben sind sie sich gegenüber getreten. Gleich wird sich etwas ereignen.

Wichtig beim Paarbetrieb ist die Angleichung in Sachen Mode. Variationen über identischer Basis sind wesentlich. Schwarz-Weiß, ein Schuss Rot. Kringel gegen keine Kringel. Kette gegen Kravättchen.

Aber nur ein Herz.


Die Augen stimmen so gut wie überein. Bei den Öhrchen ein Hauch von Abwechslung. Münder: schwer zu unterscheiden. Die Nasen, sagen wir: spiegelbildlich.

Aber die Kopfverbände! Der Hit! Diese kunstvolle Wicklung! So straff, dass man vergessen könnte, was sich darunter befindet: Haar, Hirn … Der Tiefpunkt der Symmetrie, und doch: der Eindruck von Paarheit ist kaum zu übertreffen. Allein wegen der Flächenausdehnung?


(Ich habe mich verrannt, sorry. Natürlich ist ein Kopfverband auffälliger als vieles andere, weil er ein Kopfverband ist und sich darunter grauenhafte Wunden verbergen mögen …)


Aber kommen wir zum Wesentlichen: Was wird geschehen?

Etwas ist schon passiert.


Ohne Passierschein haben sich die Halos beider Personen – schwupp! – vereinigt. Die Personen selbst sind noch getrennt und können daher auf irrige Gedanken kommen.

Denn der Strom der Bazillen und anderer Kleinsttierchen hat sich schon in Gang gesetzt und benützt die entstandene Luftbrücke zur Überbrückung der Langeweile, immer nur in demselben Körper hausen zu müssen.


Die Vereinigung erfolgt im Sinne dieser Überläufer genau zwischen Nase und Mund, so dass ihre Ströme sowohl sich überkreuzen als auch parallel verlaufen können.


Die erwähnten Tierchen sind nicht nur schädlich, sondern zum Teil auch nützlich, heißt es. Aber wer soll das glauben: dass Schmarotzer einen Nutzen haben?


Sollen wir es bedauern, dass beidseitig weder Geruch noch Geschmack davon betroffen sind? Wohl nicht. Das wäre zu viel Ablenkung für die beiden Protagonisten. Gleich beginnt ihr großer Auftritt.

Vor der schimmelbedrohten Wand sehen sie so frisch und munter aus, wie wir alle gern wären.


Eine Passantin, nicht mehr die Jüngste, geht an mir vorbei, erblickt das hoffnungsschwangere Paar, bleibt unvermittelt neben mir stehen und legt mir die Hand auf die Schulter.

Nur ein Herz! sagt sie mit traurig-verlegenem Lächeln.

Mein Gesicht hätte ich gern gesehen in diesem Augenblick.

Aber daran erinnere ich mich nicht.


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