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einhorn insel der seligen

La Belle et la Bête


Ein Mauerloch. Wenn du es beanspruchst, nisten dort keine Vögel mehr. Aber Traumbilder.

Eine Nische. Du brauchst sie so dringend wie all die anderen, nur würden sie es nie zugeben .

Figuren. Sie liegen in der Gosse. Kinder werfen weg, was sie nicht mehr brauchen. So wie du und alle Erwachsenen. Aber nur, was von Kindern stammt, geht dich an.

So ist sie entstanden: die Blaue Grotte.

Die Schöne trägt jungfräuliches Weiß und ist in etwas vertieft, was sie gerade mit Leibwäsche zudeckt oder aufdeckt. Keinen Blick verschwendet sie an das Biest.

Das Biest konzentriert sich auf dasselbe Ziel. Augen wie Suchscheinwerfer. Sie wollen in den anderen Blick förmlich hineinkriechen. Aber da ist eine leichte Krümmung in der Welt, und das weiße Tuch stört.

Das Biest ist stark erregt. Es zappelt mit allen Gliedmaßen, als wären es Schnürsenkel. Es hat völlig vergessen, dass es Hörner trägt wie Moses, dass diese aber – anders als bei Moses – abnehmbar wären. Die schlabbernde Zunge schickt sich an, einen Fuß der Schönen zu küssen. Zum Glück trägt sie Ballettschühchen.

Und dann ist da noch diese Feder.

Die Schöne hat sie vor ihrem Schoß aufgepflanzt wie einen Maibaum. Nur bei stärkerem Wind gerät sie leicht ins Wippen. Sie kitzelt das Biest im Gesicht. Das Biest muss niesen. Bon Dieu! Was für eine Explosion!

Die Schöne sieht nicht einmal auf.

Wenn die Feder eine Stirn berührt, hinter der gedacht, hinter der empfunden wird, schreiben sich dort Gedichte und Geschichten wie von selbst.

Das Biest kennt nur seinen plumpen, rohen Körper, an dem es leidet. Es weiß nicht, dass es ein verzauberter Prinz ist, dass auch seine eigene Geschichte, die seiner Verzauberung, in seinem Kopf begraben liegt. Es hat alles Grübeln, alle Ängste und Skrupel verdrängt und lebt nur seiner Leidenschaft. Den Körper der Schönen in der Blauen Grotte will es erobern. Und, warum nicht, auch ihr Herz. Aber das werde später von selber kommen, sagt es sich.

Die Schöne kann keine Gedanken lesen. Sie hat nichts gegen die Gegenwart des Biests, es streicht ja schon Tage und Wochen um die Höhle herum. Was wird es suchen? Ihr ist es nicht lästig. Drollig, wie es sich bewegt.

Eine Heerschar von Heiligen hat es angerufen, angefleht, vergeblich. Die Schöne hat diese Worte nicht verstanden. Es hat ihre Namen an die Wand gekritzelt, damit es sich den Frust einer Wiederholung erspart. Es gibt ja so viele, so viele Heilige, alles muss versucht werden. Einmal hat das Biest sich selbst gezeichnet.

Kein Gedanke an Erlösung. Nur die Sehnsucht nach Liebe.

So geht es oft mit Frauen und Männern. Mit der Liebe, die einschlägt wie ein Meteor - oder am Horizont verglimmt.

Darstellen kannst du es mit Spielzeug, in dem Erwachsene, zu ihrem Erstaunen, Erinnerungen wiederfinden, über die Kinder den Kopf schütteln würden.


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