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einhorn insel der seligen

Leibwache


Bedeutende Persönlichkeiten benötigen Schutz. Niemand soll sie anrempeln, wenn sie gezwungen sind, öffentliche Straßen und Plätze zu durchqueren und sich unter die Masse gewöhnlicher Mitmenschen zu mischen. Verbalinjurien zu begegnen ist schwieriger, wenn nicht unmöglich. Der Schall trägt über eine erhebliche Strecke. Autogrammwünsche können mit dem Verweis auf eine bevorstehende wichtige Tätigkeit in der Regel abgewimmelt werden - es sei denn, die schutzwürdige Person ist ein alter Depp oder ein brünftiger Hirsch und die ein Autogramm erheischende Person eine junge, hübsche Frau.

Meist ist das Bad in der Menge zum Glück des Schützenswerten nur ein kurzer Weg von Konferenz, Meeting oder Sitzung zum bereits weit geöffneten Schlag des fetten Dienstwagens. Da verfehlen die Tomaten und Farbbeutel leicht ihr Ziel. Interviews können häufig vermieden werden.

In Zeiten des Wahlkampfs muss die betreffende Person mit VIP-Prägung allerdings mehr wagen. Sie sollte sich auf möglichst viele Kameras und Handys konzentrieren und damit das Risiko eingehen, durch die Mangel der Bildbearbeitung gedreht zu werden. Gegen derlei fake sind die den Promi umzingelnden Personenschützer machtlos.

Sehen wir den Vorgang aber bitte nicht so negativ. Die bedeutende Persönlichkeit zeigt sich gerne jubelnden Massen. Und die Massen jubeln gerne einem Menschen zu, der ihnen ein Schlaraffenland oder perfekte Sicherheit verspricht. Geführt wollen sie sein und überlassen das Planen und Machen liebend gern anderen, die sie bei Misserfolgen beschimpfen können (im Endzustand einer Diktatur besser hinter vorgehaltener Hand).

Heute ersetzen viele von Leibwächtern Geplagte den Gang durch die stickige Luft der Öffentlichkeit durch ihre Allgegenwart in den Medien, seien sie sozial oder unsozial. Wie Graffiti-Sprüher sondern sie überall die gleichen Statements ab mit dem immer gleichen Ziel der Profilierung. Durch ihre Häufung verlieren diese Wörter und Sätze rapide an Sinn, werden zu Parolen wie die skandierten Silben der politischen Gegner, die auf die Straße gehen und ihre Kritik im Chor herausbrüllen.

Vergessen wir darüber nicht: auch Leibwächter ist ein Beruf, um den man keinen beneiden muss. Denn schützen sollen sie den vagabundierenden Politiker nicht nur vor beschmutzenden Wurfgeschossen, sondern auch vor echten, Tod bringenden Kugeln aus den Gewehrläufen von Heckenschützen. Dazu müssen sie die Einkreisung sehr eng halten, wie ein wohlerzogener Hund bei Fuß gehen oder mit der Eleganz eines Tänzers einherschreiten, der Schuh an Schuh seine Dame führt, ohne ihr auf den Fuß zu latschen. Leibwache fällt überdies auf, obwohl Uniform nicht obligatorisch ist. Das erhöht die Ziellust politischer Gegner.

Peinlich wird der Job spätestens im Klo. Die Örtlichkeit, obwohl keine eigentliche Öffentlichkeit darstellend, muss sorgfältig geprüft werden, was hat man nicht alles für Zünder erlebt! Und rasch muss es gehen, denn dem inneren Drang des Promis muss zeitnah stattgegeben werden.


Wie, wenn eine Leibwächtergewerkschaft einen Streik ausriefe?

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