Schrammen hat er, der Knirps. Der Firnis blättert ab. Die blaue Haut hängt in Fetzen. Was kriecht er auch im Gebüsch herum? Keine seriöse Erscheinung. Keine Chance, bei Banken, Versicherungen, im öffentlichen Dienst eingestellt zu werden.
Das braucht der Zwerg ja auch alles nicht. Es ist der Buddha persönlich, ein Gott, ausnahmsweise im Unterholz. Allgegenwärtig eben.
Ein Gott, den es millionenfach gibt – schlank oder mit fettem Bauch. Mal satt und zufrieden blickend, mal asketisch in sich versunken. Was soll der verkörpern außer seinen Körper?
Einen Gott kann man nicht so schnuppdiwupp einschätzen, man darf ihn nicht auf seine Äußerlichkeiten festlegen. Er darf das mit dir machen. Ich glaube sogar, das tut er gerade.
Von mir aus. Er grinst. Gleich wird er losprusten. Mit Bauchgeschwabbel.
Er macht sich halt ein bisschen lustig über uns. Vor allem über dich. Wenn du mit so loser Zunge von ihm redest.
Es ist einfach lächerlich, einen Gott so geduckt hockend darzustellen, halbnackt mit gefährlich hängendem Hosengurt, mit wehendem Nackenhaar und Vollglatze drüber. Er sucht Deckung bei der Pflanze hinter ihm, er duckt sich, als ob er dringend mal groß müsste. Das kann kein Gott sein. Das wäre Blasphemie. Sieh nur die Wurstfinger! Wie soll eine solche Hand sich befehlend erheben und die Welt ordnen?
Der Buddha macht das nicht. Die Welt ist schließlich für sich selbst zuständig. Der Buddha meditiert. Damit das mit der Zuständigkeit mal klappt.
Da wüsste ich mir aber angenehmere Plätzchen. Diese Agavenblätter haben scharfe Kanten. Die schneiden bis aufs Blut. Ein Laubblatt hat sich in seinen Wimpern verfangen. Dass muss ihn stören. Und er kriegt nicht einmal einen ordentlichen Lotussitz hin.
Es ist nur eine Darstellung, die daran erinnert, dass der wahre Gott …
Der wahre Gott … Grotesk. Es ist eine Karikatur.
So wie wir. Wir sind Karikaturen von erdachten Wesen, die die richtigen Wege gehen, die richtigen Entscheidungen treffen, nicht nur für sich, sondern, o Wunder, genauso für die anderen. In dieser Figur begibt sich der Gott auf unser Level. Er hat Patschhändchen, Hängelippen und Glupschaugen wie unsereins. Die Politur geht ab. Der dicke Bauch zwingt ihn, laut zu schnaufen, wenn ihm langweilig ist, gähnt er. Trotz alledem verbreitet er Frohsinn und Optimismus. Schweigend. Er will uns keine Wahrheit verkünden. Wir müssen sie selber finden.
Wozu brauch ich dann überhaupt einen Gott?
Nun ja, wenn du in den Spiegel schaust …
Du meinst, da schaut ein fetter Miesepeter heraus, der nichts sein kann als ein Spielverderber?
Das hast du gesagt.
So hässlich wie diese Figur aus Gips oder Gummi bin ich bei Weitem nicht.
Das hat keiner gesagt.
Wenn die Figur angeblich auf meinem Level ist, muss es ja wohl so sein.
Besser dann, du schmeißt den Spiegel weg und hörst endlich auf zu stänkern. Trink ein paar Bierchen und lass andere sich freuen an dem kleinen Wicht! Hab keine Lust, mich deswegen mit dir zu kabbeln. Den blauen Glücksgott stört dein Gemecker nicht. Meditatio delectat.