
Was wäre gewesen, wenn es anders gewesen wäre – und nicht so, wie es war?
Diese hinterhältige und oft hundsgemeine Frage verfolgt das tätige Gehirn zurück in die Zeit bis zum Anbeginn.
Voilà! Adam und Eva in all ihrer alternativen Pracht! Stolz wallt ihnen das Haupthaar über die Schultern, bei Eva bis zum Popo hinunter. Adam trägt einen neckischen Halsschmuck, eine Art Krause.
Im Geiste eines urtümlichen (oder ursprünglichen?) Feminismus dominiert Eva die Szene mit einer weit ausgreifenden Geste. Übrigens überragt sie Adam an Körpergröße
Eine Blumengirlande statt dem Feigenblatt! Das ist mal eine Ansage! Blumen sind nicht unbedingt schöner, aber weicher, geschmeidiger. Ein Gürtel ist praktischer. Das Feigenblatt musst du mit einer Hand halten, da bleibt nur die andere Hand, um was auch immer zu tun.
Oder hatten sie im Paradies schon so etwas wie einen Bindfaden? Wahrscheinlich. Die Girlande besteht ja auch nicht aus ineinander verflochtenen Stängeln.
Sie tragen den Blumengürtel um die Taille, wahrscheinlich nur deswegen, weil da die Hüftknochen seitlich und der Hintern hinten verhindern, dass die Chose rutscht. Etwas verdecken wollten sie damit bestimmt nicht.
Beide zupfen zärtlich an ihren Blumen herum, es ist eine Art Liebkosung, ein Bild vollkommener Unschuld. Na ja, keusch, das waren sie ja, so suggeriert es uns die Bibel. Blieb ihnen nichts anderes übrig, sie waren nun einmal so geschaffen, so paradiesesmäßig beschaffen.
Bis die verdammte Schlange kam.
Tatsächlich: Um den Baum der Erkenntnis windet sich eine Schlange, ein Wurm aus der Hölle. Das Untier blickt Eva an.
Eva ist unbeeindruckt und bietet Adam und der Schlange einen Apfel an.
Ob Eva den Apfel vom Baum gepflückt hat? Da melden sich Zweifel, denn dieser Apfel (wenn es einer ist), weist an seinem Stiel drei kleine, runde Kügelchen auf, es ist die einzige Frucht im ganzen Paradies, die so aussieht. So rätselhaft. Eva ist das leider nicht aufgefallen.
Die Schlange kann nach dem göttlichen Plan das Geschenk natürlich nicht annehmen. Sie bietet Eva ihrerseits etwas an, ein Gegengeschenk, es ist vielleicht auch ein Apfel, aber bräunlich zermanscht, womöglich vorgekaut (wie es Tiermütter fürsorglich für ihren Nachwuchs tun) und gespießt auf die nadelspitze Schlangenzunge.
Adam ist offenbar satt, er mag jetzt keinen Apfel, er macht eine abwehrende Bewegung mit dem Arm. Dabei sieht er nicht gerade wohlgenährt aus.
Eva hat die Frucht vom Baum gepflückt, das schon. Das war verboten. In ihrer Bescheidenheit hat sie aber nicht von den protzig großen, roten Früchten genommen, die an biegsamen Trieben wachsen (vermutlich Seitentriebe des Baums, die vom Boden her aufschießen). Man könnte doch denken, das sei die eigentliche Versuchung gewesen.
Aber bekanntlich sind die Wege des Herrn unerforschlich.
Auf diesen Monsteräpfeln, die so sehr in die Augen stechen, findet sich überdies noch ein runenartiges Zeichen, es könnte Schlange bedeuten. Als wäre es eine Warnung.
Haben etwa die Erzengel Gott ein bisschen ins Gewissen geredet – was denn schon dabei sei, vom Baum der Erkenntnis zu essen, Neugier sei doch eine Tugend, kein Laster. Das hübsche Paar könne doch für seine Unwissenheit nichts, dann solle man es doch auch nicht strafen und hinausschicken auf diesen Wüstenplaneten ... oder so ähnlich?
In seiner Güte hat Gott es vielleicht vorschnell seinen Dienern erlaubt, diese Warnung anzubringen. Auf die kleineren Äpfel allerdings passte das Schlangenzeichen nicht. Da markierten diese Menschenfreunde noch das Erdreich über den Wurzeln des Baums mit Rot. Und drum herum ließen sie als Warnung alles Grün verschwinden und streuten Wüstensand – als Menetekel.
Das hatte Gott nicht genehmigt. Das war ihm zu viel Mitleid. Und die schönen Pflanzen des Paradiesgartens – einfach ausgerissen und weggeschmissen! Und schließlich und endlich kann ein Gott doch keinen Rückzieher machen. Wo kämen wir denn da hin?
Gib das Ding dem Adam! keckerte die Schlange an ihrer herausgestreckten, nervös vibrierenden Zunge vorbei. Der Kerl hat’s nötig, siehste doch. Der soll brav essen. Alle seine Rippen sieht man. Nun ja, außer der einen, die ihm Gott herausoperiert hat. Du dagegen, schönes Evchen, schau dich an. Du hast den schönsten Sixpack im Paradies! Und prächtige Brüste! Wenn du wüsstest, was du damit noch alles anstellen kannst!
Und Eva bekam Mitleid. Natürlich war sie auch geschmeichelt, Schmeicheln wirkt immer, aber das war in diesem Fall nicht alles. Tatsächlich gab sie Adam den Apfel vor allem aus Mitleid. Es war dasselbe Mitleid, das auch die Erzengel bewogen hatte, bei ihrem Chef vorzusprechen und ihm sein hartes Regiment auszureden.
Und Adam griff zu und aß. Vor Eva musste er kuschen.
Und dann geschah, was geschehen sollte. Michel mit aufgepflanztem Schwert, der Schweiß des Angesichts, Kain und Abel und die ganze Mischpoke.
Wenn es also anders gewesen wäre, wäre es genauso gekommen.
Quod dixi dixi dixit dominus.
Und mal ehrlich. Das Paradies erschaffen und sonst nichts? Das wäre schnell langweilig geworden, selbst wenn Gott andauernd neue Pflanzen und Tiere erfunden hätte.
Da war es doch viel interessanter, den Menschen bei ihren Dummheiten zuzugucken. Und über die Einfälle und Tricks Satans sich göttlich zu amüsieren.
In alle Ewigkeit.