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einhorn insel der seligen

Mulheres


Eine Tür, die jahraus jahrein dringend benötigt und fleißig betätigt wird. Eine No-go-area für mich, das sehe ich ein.

Hinter der Tür wartet eine überaus freundliche und gütige Frau. Sie streckt die hilfreiche Hand mit der Papierrolle im hellen, aber flackernden Licht einer Glühbirne, die an der niederen Decke hin und her schwingt, der Kundin entgegen.

Ich sehe sie nicht, aber ich denke mir das so, weil die Nothelferin auf der Tür abgebildet ist. Tritt eine Frau in Not ein, öffnet sie die Tür nur einen Spalt breit, die Lichteffekte kann ich trotzdem beobachten.

Drinnen öffnen sich weitere Türen und werden wieder geschlossen.

Dann höre ich nichts mehr. Ich habe mich sicherheitshalber ein paar Schritte entfernt. Eine heranstürmende Frau in Not hat mich nämlich grob angerempelt und weggeschubst und, schon halb in dem Etablissement verschwunden, mir ein böses Schimpfwort zugerufen.

Ich sei hier nur zufällig vorbeigekommen und gewiss kein Spanner, wollte ich antworten, doch da hatte sich die Tür schon mit einem lauten Krach wieder geschlossen. Ich war momentan so verwirrt, so betroffen von derart massiver weiblicher Aggressivität und vergaß, dass ich in Unkenntnis der Landessprache gar nicht adäquat antworten hätte können.

Mein Gott, was interessieren mich Frauen, die an Bauchweh laborieren? Ich bin Graffiti-Sammler! Aber das sieht man mir natürlich nicht an.

Und leider war nicht zu übersehen, dass ich mich gerade anschickte, ein Foto zu schießen. Vom Nothelferinnen-Graffito, von niemand sonst, Herrgott! Was für eine Idiotie, mir etwas anderes zu unterstellen! Doch erneut wäre ich in Beweisnot. Eben erst bin ich angekommen, es ist mein erster Spaziergang, und wegen der Störung durch die Frau in Not habe ich nicht einmal auf den Auslöser gedrückt.

Ich weiche noch ein paar Schritte zurück. Man weiß ja nie.

Dabei habe ich nicht den galoppierenden Feminismus in den Sinn. Ich denke an die Sage von Orpheus. Sicher, das ist kaum vergleichbar, er war ein großer Künstler, ein Musiker und Sänger, ich bin nur Hobby-Fotograf, aber …

Aus dem Mulheres-Etablissement dringt kein Rauschen mehr. Stimmen erheben sich, werden laut und lauter. Ich stelle mir plötzlich vor, wie die auf der Tür abgebildete freundliche und gütige Frau die Klopapierrolle wegwirft, empört zu Schrubber, Putzlappen und Eimer greift und …


… und unter großem Gebrüll wird die Tür aufgerissen …

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