Die Augen verbunden. Gibt es denn etwas zu sehen? Etwas, was sich zu sehen lohnte?
Unter der Schädeldecke hat sich etwas gelockert, ist durchlässiger geworden für das Drinnen wie für das Draußen. Das eine federt das andere ab. Es ist gar nicht unangenehm. Es tut nicht weh. Es kann nicht wehtun. Der Schmerz darf dort nicht hin.
Der Schmerz wütet anderswo. Wenn ich im Vorwärtsgang bin, vernehme ich ein entsetzliches Scheuern und Schleifen wie von einem Widerstand, höre ein abscheuliches Geräusch von Gelenken, die nicht mehr ineinandergreifen, wie sie sollten. Vielleicht ist es das Geräusch, das mir Schmerzen zufügt. Oder fliegen die Schmerzen von woanders her einfach hinein in mein Gehirn, das sich ja öffnet, weit und gastfreundlich öffnet zwischen Dach und Fundament.
Wer die Welt zu sich hereinlässt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Nein, so meine ich es nicht. Denn ich weiß nicht, ob das Schlimme nicht vorher schon in mir war.
Aber es gibt Hände, die mich misshandeln, die meinen Kopf zusammendrücken wollen, von oben wie von unten. Wie in einem Schraubstock. Jedes Mal schreie ich. Jedes Mal lauter.
Sie sagen, ein Sattel wie ich kann überhaupt nicht schreien? Ja, Sie haben Recht. Manchmal fühle ich mich wie ein Sattel eines Fahrrads, auf den sich Fettwänste setzen. Sind sie abgestiegen, kacken Vögel auf mich. Dann wünsche ich mir gestohlen zu werden. Wenn die Schmerzen unerträglich laut werden, hätte ich nichts dagegen, dass mich jemand wegwirft, am besten in den Fluss, dass ich sofort unterginge.
Sie sehen, warum meine Augen verbunden sind. Die Binde schützt mich vor meinen schlimmsten Phantasien. Und auch davor, dass ich mit dem Kopf durch die Wand will. Die Binde schützt mich vor der Wand. Ich habe Gesichter in ihr gesehen, niedersickernde eklige Flüssigkeiten hatten ihre Spuren hinterlassen.
Andererseits denke ich mir: Wenn ich nichts sehe, bin ich ganz auf mich zurückgeworfen, dann habe ich nichts anderes mehr als den Schmerz, dann verstärkt er sich selbst und füllt mein Gehirn völlig aus.
Und ich habe doch nur mehr mein Gehirn. Ich sehe nichts. Und alles andere ist Schmerz.
Das ist traurig, aber ich bin nicht traurig, nein. Ich lasse die Trauer aus mir herausquellen, und übrig bleibt - bleibe ich. Was sagen Sie jetzt? Das ist doch fast gezaubert.
Ich bin nur noch nicht soweit. Noch lange nicht.
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