
Im Augenblick beträgt das Wachstum etwas weniger als ein Prozent. Aber unsere Wirtschaft ist zukunftsfähig wie eh und je. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist verlässlich prognostiziert.
(Es gibt Defätisten, ja, die hat es immer gegeben. Sie können nicht alle auf einen Schlag liquidiert werden)
Betrachten wir nur die Bauindustrie. Die Zerstörungswut unserer Feinde spielt ihr in die Hände. Im Nu sind Altbauten niedergelegt, ohne dass unsererseits Arbeitskräfte benötigt werden. Sie werden alle beim Wiederaufbau Beschäftigung finden, falls sie überlebt haben.
Selbstverständlich gibt es viele Verflechtungen mit dem Sektor der Waffenproduktion. Da die Nachfrage kaum noch zu befriedigen war, musste hier kräftig investiert werden. Zusätzliches Kapital gewann der Handel. Wenn Innovationen ältere Geräte ersetzten, gingen wir dazu über, unter Vermittlung von befreundeten nah an den Reichsgrenzen siedelnden Stämmen, ausgemustertes Material auch an den Gegner zu liefern, diskret, ohne schriftliche fixierte Verträge. Aufgrund der noch teilweise intakten Infrastruktur im Reich blieben die Transportkosten bei uns gering; der Feind musste dagegen erhebliche Mittel aufwenden, da er in den von ihm eroberten Gebieten die Infrastruktur zerstört hatte, statt sie zu nutzen.
Auch das Bestattungswesen floriert, es darf erfreulich viele Tote beklagen und entsorgen, eine Aufgabe, die besonders für weibliche Arbeitskräfte (s.u.) geeignet ist.
An Nachschub für die Legionen mangelt es deswegen nicht. Ein erfolgreich arbeitender psychologischer Dienst erleichtert Zwangsrekrutierungen. Auch Sklaven werden, wo sie entbehrlich sind, etwa in den Bereichen Kultur oder Betreuung, verstärkt herangezogen. Dadurch wächst die Zahl weiblicher Sklaven, die Arbeit suchen und, nach einer patriotischen Belehrung, sich mit sehr geringen Bezügen begnügen.
Angesichts der allgemeinen Gefahrenlage befindet sich an Stelle des Herrschers eine Dummyfigur im Palast, der ansonsten evakuiert wurde. Würde der Feind hier eindringen und sich um die vermeintlich staatstragende Statue versammeln, würde unsererseits Feuer gelegt, was sicherlich einen Teil der Führungselite des Gegners vernichten würde.
(Von Zeit zu Zeit tauchen auch an den Wänden des Palastes Flüche und Schmähungen gegen die Herrscherfamilie auf. Sie werden sofort entfernt, der jeweils diensthabende Wachsklave wird gekreuzigt. Draußen gelingt die Entfernung wegen der militärischen Lage nicht immer sofort. Diese subversiven Botschaften können darum eine gewisse, wenn auch sehr kurzfristige Wirkung entfalten)
Ich würde gerne mit der Ausdruckskunst besagter Dummyfigur einige Überlegungen verbinden.
Der Herrscher steht nicht, sondern sitzt. Gelassenheit und Ruhe sind die ersten Pflichten der Vaterlandsverteidiger wie derer, die die innere Ordnung unseres Staates garantieren. Auch Sitzfleisch kann patriotisch sein.
Der Herrscher hält sich kerzengerade, trotz des Verlusts des rechten Armes. Er will als Held im Kampf Vorbild sein für alle.
(In Wahrheit ist unser geliebter Herrscher völlig unversehrt; er hält sich an wechselnden, streng bewachten Orten auf)
Das Haupt der Statue fehlt. Daran wurden Spekulationen geknüpft (und in Schmähschriften öffentlich gemacht), die in einer die Majestät beleidigenden Weise einen direkten Bezug zu deren Physis herstellen wollten. Doch unser Strafvollzug leistete gute Arbeit.
(In Wahrheit wurde die Kopfskulptur entfernt, ein außerordentliches Kunstwerk, weltweit gekannt und berühmt, das auf keinen Fall Beute des Feindes werden durfte. Sollte das Kriegsglück uns weiterhin nicht günstig sein, behält sich allerdings unser Führer vor, sie zu verkaufen, was seine Flucht auf eine solide finanzielle Basis stellen würde; es gibt einige Interessenten)
Statt des Kopfes überragt den Rumpf der Figur eine ovale Form mit einer Aussparung im Zentrum: ein Zweieck, das die himmlischen connections des Herrschers symbolisiert, sein Gottesgnadentum, juristisch gesagt. Außen stark, innen frei, so wie wir uns alle fühlen. Überdies wird in der Abstraktion die Unnahbarkeit des Denkens und Planens unserer Majestät dem Beschauer nahegebracht.
(Diese Ersatzkonstruktion schonte auch die Staatskasse)
(Entwurf)
gez. Publius Maximus Minor
quaestor palatii