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einhorn insel der seligen

Die Unerbittlichen


Ich heiße Tyrass, er heißt Lumpi. Unsere Kriegernamen: Kastor und Pollux. Wir wachen.

Wir schlafen nur zum Schein. Wir locken die Verbrecher aus ihren Verstecken. Wir bellen nicht, wir beißen. Wenigstens ein bisschen. Und in Notwehr.

Geduld ist angesagt.

Die Verbrecher haben so viel verbrochen, dass sie sich zurückgezogen haben. Überdruss und Erschlaffung. Sie liegen auf der faulen Haut. Sie langweilen sich. Das ist unsere Chance.

Wir vertreten die rechtmäßige Hundeschaft. Mit schlechtem Trockenfutter ernährt, aber von glühendem Patriotismus erfüllt, warten wir.

Wir wirken harmlos, wir sind die Lockspeise. Die Kollegen Bluthunde lagern keinen Meter hinter uns. Verborgen. Sie hecheln so leise wie möglich. Um des möglichen Kampfeinsatzes willen bekommen sie Sonderrationen.Wir nicht.

Die Verbrecher leben in ganz bestimmten Zonen. Dort bleiben sie unter sich und gefährden sie sich selbst. Neid und Habgier gedeihen prächtig unter solchen Nachbarn.

Sie leiden unter Lagerkoller. Ab und zu müssen sie ihr selbst gewähltes Getto verlassen.

Es ist nicht der schäbige Vorhang hinter uns, der sie lockte. Verbrecher wollen Verbrechen und nichts als Verbrechen begehen. Immer mehr und immer schlimmere. Mit geringstmöglichem Risiko.

Das sind wir.

Sie lieben Genickbisse, Verstümmelung und Mord an ihresgleichen mehr als das, was sie dabei erbeuten könnten. Verbrechen verlangt wie das Kapital nach immer mehr Konzentration und Steigerung. Das ist das Berufsethos von Bankern wie von Verbrechern.

Wir tragen Genickschutz. Das hilft nicht immer. Entscheidend ist, dass der Bluthundrudelführer binnen Sekundenbruchteilen seinen Einsatzbefehl bellt. Es sind schon etliche unserer Vorgänger krepiert, zu Helden der Hundeschaft geworden. Für sie wurden Gedenkorte bestimmt. In deren Umkreis dürfen keine das Revier markierenden Handlungen stattfinden; Abordnungen jaulen dort an den Gedenktagen.

Auf diese letzte Sprosse unserer Karriereleiter haben wir keine Lust.

In den Verbrecherzonen findet eine beunruhigende Entwicklung statt. Wölfe und Füchse versuchen die dortige Verbrecher-society zu unterwandern. Vorerst mit geringem Erfolg. Doch mit stetig steigender Tendenz. Unsere Bluthunde prahlen zwar, es besoffen mit jedem Leitwolf aufzunehmen, doch wir Köderhunde haben unsere Zweifel. Wir sind als erste dran.

Seit die Menschen ausgestorben sind, erfreuen wir uns einer wunderbaren Freiheit, die wir unserer Klugheit verdanken. Die Verbrecher erfreuen sich ebenfalls daran.

Aber so ist es nun einmal.

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