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einhorn insel der seligen

Fritz, Wolltähr und Russo



Potzblitz und Schwerenot! Endlich darf ich. Der Alte wird sehen: ich kann das genauso.

Ich hab mich anfangs gefragt, warum der Patient einen Helm trägt. Der ist nicht aus Blech, es sieht nur so aus. Der Alte hat mir gesagt, was es wirklich ist, aber ich behalte das Wort nur schwer. Man kann es mit den Händen verformen, fast so wie die Weiber einen Teig kneten. Bei einem bestimmten Baum entfernt man ein Stück Rinde und stößt auf eine Flüssigkeit, der Baum wird regelrecht angezapft. Man sammelt die Flüssigkeit, sie stockt, fertig! Sie klebt wie der Teufel. Und es verlangt viel Geduld, sie später wieder zu entfernen, vor allem wegen der Haare. Besser vorher kahl scheren!

Leider wächst der Baum nicht in unseren Breiten. Das macht die Chose teuer.

Auf den sogenannten Helm wird nun geklopft, erst schwach, dann immer stärker, in einem bestimmten Rhythmus, der sich von der Stelle, wo der Meißel ansetzt, um den gesamten Kopf herum ausbreitet und mehr oder weniger gleichmäßig ins Gehirn eindringt. Das Gehirn wird quasi durchgeschüttelt und durchgerüttelt, und am Ende herrscht dort im Oberstübchen wieder Ordnung. Der Patient hat klare Ideen und kann sie meistens auch äußern. Der Alte stellt nach der Operation Fragen, die ohne Stocken beantwortet werden müssen.

Der Meißel muss an mindestens vier Stellen angesetzt werden.

Manchmal reicht das nicht, und der Patient faselt und stottert und spuckt noch immer vor sich hin. Dann muss der Schädel geöffnet werden. Sagt jedenfalls der Alte. Er hat mich bisher noch nicht zuschauen lassen. Er hat nur gesagt, dass er dafür einen Spezialmeißel verwendet mit extrem schmaler Spitze. Im Gehirn fließt nämlich Wasser, und das soll drinne bleiben, damit das gute Stück nicht austrocknet.

Über die Spitze des Werkzeugs wird das Gehirn nun direkt berührt, und die Wirkung ist viel stärker, obwohl es im Prinzip um das gleiche geht. Schwingungen, sagt der Alte, wie bei Pauken oder Trommeln. Nun ja, sag ich, wie bei einem Tamburin. Der Alte übertreibt oft, manchmal bin ich ihm auf die Schliche gekommen.

Der Helm kommt übrigens trotzdem zum Einsatz. Der Patient soll sich einbilden, dass es nicht weh tut. Es tut natürlich weh. Auf Wunsch kann der Patient betäubt werden. Wie? Das sag ich jetzt lieber nicht.

Die Methode, behauptet der Alte, stammt von einem Herrn Russo, und nach Berlin habe sie ein Herr Wolltähr gebracht, direkt aus Paris. Man kennt ja den französisierenden Spleen unseres Gnädigen Herrn.

Ein Problem sind die weiblichen Patienten. Das fängt damit an, dass sie eine Schur strikt ablehnen (was sie später heftig bereuen). Vor allem können sie nicht aufhören, Konversation zu machen. Der Alte Fritz hier und der Alte Fritz da. Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Aber die Schmerzen, das muss ich sagen, die Schmerzen halten sie zehnmal besser aus als die Männer. Ich weiß, wovon ich rede, wir hatten etliche Generäle in Behandlung, die wimmerten und winselten.

Aber Pardon wird nicht gegeben, hierzulande. Ehrensache! Kestiong donnöhr!

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