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einhorn insel der seligen

Veredelte Spuren


Hunde hinterlassen gelegentlich Spuren. Ungewollt. Sie wollen doch Herrchen oder Frauchen nicht verärgern. Aber manchmal geht es plötzlich los, und Bremsperistaltik samt Schließmuskel versagen.

Kann sein, dass es der Person am anderen Ende der Leine gar nicht auffällt. Außer es handelt sich um eine Rasse mit Scharr-Reflex in den Genen.

Doch in der Regel bleibt die Not der Kreatur nicht verborgen.

Hunde empfinden zu ihrem Glück keine Reue für etwas, was in menschlichen Augen ein Fehlverhalten ist. Sie tun nur so, weil sie wissen, dass sie dadurch Wut und Zorn in gewissen Grenzen halten können.

Ob der Grund der hündischen Verdauungsstörung überhaupt zu ermitteln ist? Vielleicht war es dieser unbemerkt geklaute, verheerend scharf gewürzte Wurstzipfel? Wo man danach mit dem Durst gar nicht mehr nachkam. Zwei Näpfe Wasser weggeschlabbert wie nix.

Ein guter Hundehalter erinnert sich an solche Auffälligkeiten.

Aber jetzt ist guter Rat teuer. Kein Säckchen dabei. Obwohl, ein Säckchen … So weitläufig versprüht, dazu dünnflüssig …. Einen Zweig abreißen vom nächsten Busch und die krassesten Spuren wegkratzen? Ja, wenn man allein wäre in dieser Straße …! Egal.

Dazu die Unschuldsmiene dieses Köters!

Man hat das Stöckchen mit der unerwünschten Materie noch zwischen zwei Fingern, als ein Typ mit einer Spraydose auftaucht, die er frech hin und her schwenkt, als er dicht an einem vorbeikommt. Kurzer Blickkontakt. Der Typ geht schweigend und grinsend weiter, bleibt aber in Sichtweite.

Beide, Hundegassiführer und Sprayer, warten darauf, dass unbemerkt bleibt, was sie vorhaben. Das Stöckchen soll irgendwohin verschwinden, aber nicht in diese Biotonne, bitte, sondern, eventuell, als Wurfgeschoß - Hopphopp-über-den-Zaun - in irgendeinem dieser Gärten landen.

Der Moment kommt, Ruckeln an der Leine, der Köter war schon eingedöst, kurzes Quieken, Zerren an der Leine, rasch ab. Noch einmal kurz umschauen?

Da tritt der Sprayer auf den Plan. Im Nu schmückt das Bild eines Hundes das Pflaster, eingerahmt von Erinnerungen an dessen Missgeschick mit Gewürztem, wie lässig hingekritzelte Noten. Durchfall färbt ab, und die braune Farbe bleibt auch nach sorgfältigen Kratzen in Schlieren auf dem Pflaster erhalten.

Erneut grinst der Sprayer und sucht das Weite. Er hat nichts weniger als ein Kunstwerk hinterlassen: einen Hund, der in seiner kreatürlichen Schlichtheit mit seinen Hinterlassenschaften spielt, fast jongliert, weiß in seiner Unschuld, während Braun die Farbe der Fäulnis, der Verwesung und des Gestanks hier allmählich eingehen wird ins eintönige Grau des Pflasters.

Kapiert? Braun ist hier keine Politfarbe.

Nee, nee.

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