

Buschland
Die graue Eminenz hält sich bedeckt. Doch ist die Zeit reif, wird sie eingreifen. Alle wissen indes Bescheid: es ist etwas im Busch. Äste knacken, Blätter rascheln. Um im Unterholz zu stöbern, sind sie jedoch zu feige: es könnte ja eine Wildsau dort lauern; eine richtige, eine ausgewachsene, eine mit einem entsetzlich schmatzenden und schnaubenden Rüssel und das Fleisch aufschlitzenden Hauern. Überdies gottserbärmlich stinkend. Aber das mag man lieber nicht allzu laut sagen.


Höllische Visite
Da sitzt er und zählt die Häupter seiner Lieben. Mit abgespreizten Gliedmaßen flacken sie im Kreis, schlummernd und träumend von den Wonnen der Hölle, angenehm bezwungen von der Macht des Hopfen- und Traubengeistes, den ihnen Satan im trauten Gespräch hatte zukommen lassen. Das Gluckern hat nun ein End. Zufrieden dreht der Höllenmeister über einen der Zecher hinweg den Schutzengeln elegant eine Nase. Diese haben fahrlässig gehandelt. Wieder einmal. Immer wieder trickst sie de


Zeit und Zeit
Du hast mich vergessen. Irgendwo musst du jetzt sein. Häuser um dich, Menschen um dich, die dich nichts angehen, die mich nichts angehen. Oder draußen. Am Rand eines Meers. In einem Wald. Randständig. Nein. Ich frage mich … Nein, niemand hat sich das so ausgedacht. Auch du nicht. Dieses Zu-Ende-Gehen. Leise. Ohne Krawall. Wie ein Tag zu Ende geht. Aber es kommt ein anderer Tag. Ich gehe umher, ich kauere hier und lehne dort, ich trete von einem Fuß auf den anderen. Kein Ziel


A fading kiss
Wer küsst, darf nicht wanken. Immer feste druff. Leidenschaft bringt die Körper zum Wackeln, und die gierigen Lichtbildmaschinen der paparazzi schwanken vom vielen Schwenken. Wer küsst, will für sich bleiben: ein Mensch und noch einer; Schluss, aus. Der Rest mag in Unschärfe versinken. Die paparazzi verkaufen diese Unschärfe als Authentizität: Schaut, so nahe waren wir den Promis, wir haben uns in ihre Nähe gedrängelt und geschubst, in selbstlosem Einsatz für euch, geneigte L


Pranger
In Gefangenschaft lernt man die Freiheit schätzen, Junge, sagten sie und hieben dir auf die Schulter, als wären sie Kumpels von dir. Du wirst ausgestellt, präsentiert sozusagen, es ist eine Art Schaufenster. Das heißt: du stehst zur Disposition der Gaffer. Es kann sein, dass da Gesichter sind, die Grimassen schneiden, und Hände, die auf dich zeigen, und Leute die dir ins Gesicht lachen und dich mit Speichel besprühen. Am liebsten ließen sie ihre Hunde auf dich urinieren. Aber


Acheron
Drei geben ein Zeichen. Drei sind besser als einer. Einsam sein, das ist das Schlimmste. Sogar für Götter. Brahma, Shiva und Vishnu. Die Heilige Dreifaltigkeit. Nicht einmal die Ideen bleiben gern allein: These – Antithese - Synthese. Judentum-Christentum-Islam. Ein Winken? Vielleicht ein Hilferuf. Ich bin nicht sicher. Drei Arme pflügen sich durch die Luft. Um sie herum: nichts. Die unendlich flache winterliche sibirische Steppe. Die mit weißer Plastik zugehängte Abteilung e